Eingabehilfen öffnen

Infothek

15.02.2023 - FAQ zu sinkenden Preisen an den Energiebörsen

15.02.2023 - FAQ zu sinkenden Preisen an den Energiebörsen

Sie haben Fragen zu sinkenden Preisen an den Energiebörsen? Wir antworten!

Die Preisanstiege, die wir im Energiegroßhandel in den vergangenen Monaten gesehen haben, waren extrem. Zwischenzeitlich lagen sie mehr als zehnmal so hoch wie noch Anfang 2021.

Dank langfristiger Beschaffungsstrategien, die die meisten Energieversorger verfolgen, wirken sich die gestiegenen Börsengaspreise aber nicht 1:1 und nicht unmittelbar auf die Endkund:innenpreise aus. Ein großer Teil der Energie, der im vergangenen Jahr an die Endkund:innen ausgeliefert wurde, wurde noch vor der Krise zu günstigeren Preisen gekauft. Die Kund:innen haben vergangenes Jahr von dieser langfristigen Beschaffung profitiert. Diese Strategie der Versorger glättet die Entwicklungen an den Energiebörsen und schützt die Kund:innen vor starken Preissprüngen.

Je länger eine Hochpreisphase an den Energiebörsen anhält, desto stärker wirkt sich diese auch auf die Endkund:innenpreise aus. Wenn eine Hochpreisphase an der Energiebörse lange anhält, muss ein immer größerer Anteil der Energie zu diesen Preisen beschafft werden. Der Anteil der Energie, die noch vor der Krise günstig eingekauft wurde, sinkt. Damit steigen zeitverzögert auch die Endkund:innenpreise. Ihre gestiegenen Beschaffungskosten müssen die Versorger weitergeben, da sie sonst selber in eine finanzielle Schieflage geraten.

Zuletzt sind die Preise im Großhandel für Gas und Strom zwar erfreulicherweise gefallen. Die langfristige Beschaffung bedeutet in diesem Fall allerdings auch: So wie die Endkund:innenpreise im vergangenen Jahr nicht unmittelbar und entsprechend der Preisanstiege im Großhandel gestiegen sind, sinken sie nun nicht unmittelbar und in gleichem Maße. Die Endkund:innenpreise entwickeln sich auch in diesem Fall zeitversetzt zu den Großhandelspreisen. Genauso wie der extreme Anstieg der Großhandelspreise der vergangen eineinhalb Jahren durch langfristige Beschaffung durch längerfristige Verträge mit Preisbindung für die Vertriebskosten abgepuffert wurde, wirkt sich nun der temporär gesunkene Einkaufspreis erst später auf die Endkund:innenpreise aus. Das heißt einfach gesagt: Maßgeblich für die heutigen Endkund:innenpreise, sind die Großhandelspreise, zu denen wir als Gasversorger im vergangenen Jahr eingekauft haben.

Die langfristige Strategie der Versorger glättet die Entwicklungen an den Energiebörsen und schützt die Kund:innen vor starken Preissprüngen. Beispielsweise lag der Gaspreis im Großhandel im Jahr 2022 im Durchschnitt mehr als achtmal so hoch wie 2021. Im gleichen Zeitraum stieg der Gaspreisbestandteil 'Beschaffung' nur um das Dreieinhalbfache.

Sehr viele Versorger beschaffen die benötigte Energie langfristig in Teilmengen und Schritt für Schritt zu verschiedenen Zeitpunkten. Mit dieser Strategie minimieren sie das Risiko stark schwankender Börsenpreise. Starke Veränderungen bei den Börsenpreisen wirken sich daher nicht unmittelbar und nicht 1:1 auf den Gaspreis für Endkund:innen aus. So sinkt der Gas und Strompreisbestandteil 'Beschaffung' nicht im gleichen Umfang, wenn die Börsenpreise fallen. Umgekehrt steigt dieser Preisbestandteil nicht in gleichem Umfang, wenn die Preise an der Börse deutlich steigen. Kurzfristige Schwankungen an den Energiemärkten haben daher erst einmal keinen direkten Einfluss auf die Endkund:innenpreise.

Wenn die Versorger nicht nach dieser Strategie beschaffen würden, wären die extremen Preisausschläge der letzten Jahre direkt in Endkund:innenpreise weitergegeben worden. Das heißt es wäre möglich gewesen, dass sich zum Beispiel der Energiepreis für Kund:innen innerhalb von wenigen Wochen vervielfacht.

Leider sind die Preise aktuell zwar gesunken, jedoch nicht auf das Niveau, dass wir aus früheren „Normal-Zeiten“ kannten. Der Krieg in der Ukraine hat die Preise an den Energiebörsen in bis dahin nie dagewesene Höhen steigen lassen. Doch bereits vor dem Krieg in der Ukraine waren Preise schon außergewöhnlich hoch. Aufgrund der konjunkturellen Erholung nach der Hochphase der Corona-Pandemie war im Laufe des Jahres 2021 weltweit die Nachfrage nach Vorprodukten und Rohstoffen gestiegen.

In den Jahren 2015 bis 2019 lag beispielsweise der durchschnittliche Gaspreis im Großhandel (Terminmarkt) bei 18,52 Euro/MWh. Im Jahr 2021 stieg der Gaspreis auf durchschnittlich 24,04 Euro/MWh. Im vergangenen Jahr waren es sogar 118,71 Euro/MWh. Aktuell sehen wir Preise um 70 Euro/MWh. Das ist immer noch rund viermal zu so viel wie in den Jahren vor der Krise.

Die gesunkenen Preise im Gasgroßhandel sind ein gutes Zeichen, jedoch kein Grund zur Entwarnung. Die Preisentwicklung im Gasgroßhandel ist und bleibt volatil. Niemand weiß, wie sich die Preise in den kommenden Wochen und Monaten entwickeln. Fakt ist: Aus Russland werden wir vorerst kein Gas mehr erhalten. Gas bleibt dadurch am Weltmarkt knapp und teuer.

Am Spotmarkt wird kurzfristig lieferbare Energie (Strom und Gas) gehandelt. Kurzfristig bedeutet in diesem Zusammenhang einen Tag im Voraus. Auf dem Terminmarkt hingegen werden Lieferverträge bis zu sechs Jahre im Voraus geschlossen.

Die Versorger decken sich am Terminmarkt mit einem Großteil des von ihnen prognostizie rten Bedarfs ein. Die am Spotmarkt eingekauften Mengen dienen insbesondere dem kurzfristigen Ausgleich von prognostiziertem und tatsächlichem Verbrauch der nächsten 24 bis 48 Stunden.

Auswertungen, die bei den Beschaffungskosten allein die Preisentwicklungen auf dem Spotmarkt in den Blick nehmen, greifen daher zu kurz. Wesentlich für die Kosten, die den Energieversorger beim Gas- und Stromeinkauf entstehen, ist die Preisentwicklung am Terminmarkt.

Unternehmen, die hauptsächlich am stark schwankenden Spotmarkt einkaufen, also Energie sehr kurzfristig beschaffen, können Strom und Gas zwar zunächst günstig anbieten.Diese Einkaufsstrategie ist allerdings riskant. Wohin eine rein am Spotmarkt orientierte Beschaffung führt, war Ende 2021 zu beobachten. Solche Anbieter:innen kündigten plötzlich ihren Kund:innen oder stellten ihre Geschäftstätigkeit gleich ganz ein. Die betroffenen Unternehmen hatte lange von niedrigen Preisen am Spotmarkt profitiert und konnten so billige Tarife anbieten. Als dann aber die Preise am Spotmarkt sehr stark anstiegen, hatten sie keine finanziellen Polster, um die Preisanstiege abzufedern. Die Erfüllung ihrer vertraglichen Vereinbarung mit den Kund:innen wurde unmöglich. Die geschädigten Kund:innen wurden dann von den Grundversorgern aufgefangen, die dank vorausschauender, langfristiger Beschaffung auch die betroffenen Haushalte beliefern konnten. Energieversorger, die auf langfristige Beschaffung setzen, profitierten davon, dass sie den Großteil der benötigten Energie Schritt für Schritt und länger im Voraus einkaufen. Diese langfristige Beschaffung glättet die zum Teil erheblichen Schwankungen an den Energiehandelsplätzen.
 Der Wettbewerb am Gasmarkt und Strommarkt ist hoch. Generell ist der deutsche Energiemarkt durch eine große Akteursvielfalt und hohe Wettbewerbsintensität geprägt. Im Durchschnitt konkurrieren in Deutschland in jedem Netzgebiet mehr als 100 Gasversorger und fast 150 Stromversorger um die Kund:innen. Die jeweiligen Preise und Konditionen der Anbieter:innen sind transparent und leicht zugänglich. Dementsprechend haben die Verbraucher:innen die Möglichkeit, den Anbieter:innen mit dem für sie besten Preis-Leistungs-Verhältnis auszuwählen. Daher kann es sich kein Versorger leisten, seine Preise nicht zu senken, wenn es möglich ist.

Das Jahr 2022 war für die Energieversorger mit extremen Herausforderungen verbunden. Trotzdem haben sie sicher und zuverlässig die Energieversorgung Deutschlands gewährleistet. Natürlich darf es nicht passieren, dass einzelne Unternehmen die Krise ausnutzen. Daher ist es richtig, dass die Gesetze zu den Energiepreisbremsen ein klares Missbrauchsverbot enthalten. Missbrauchskontrolle bedeutet aber keine pauschale Missbrauchsunterstellung. Verkehrskontrollen bedeuten ja auch nicht, dass allen Verkehrsteilnehmern Fehlverhalten unterstellt wird.

Der Anstieg der Endkund:innenpreise war trotz der hohen Einkaufspreise auf Grund der langfristigen Beschaffung der Unternehmen im letzten Jahr viel geringer als die Börsenpreise. Allerdings wirkt sich der Preisanstieg verzögert aus. Die Phase, in der hohe Börsenpreise auf den Endkund:innenmarkt stärker durchschlagen ist Ende 2022 erreicht worden. Die Energiepreisbremse wurde ja gerade geschaffen, um diesen Anstieg abzufedern.

Auch die Behauptung, mit den Gesetzen zur Strom- und Gaspreisbremse seien Preiserhöhung durch Energieversorger verboten, ist nicht korrekt. Nach den allgemeinen Regeln zulässige Preisanpassungen sind auch künftig möglich, wenn damit drastisch gestiegene Beschaffungskosten für den Einkauf von Energie weitergegeben werden. Das hat inzwischen auch das Bundeskartellamt öffentlich klargestellt.